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in Wolfenbüttel

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Johanna Cohn, geb. Katz

geboren: 24.03.1893 in Ovenhausen

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Halchtersche Straße 8

Johanna Cohns Schicksal ist eng verbunden mit dem Unheil, das ihren Ehemann Hugo Cohn traf. Auch sie wurde deportiert, nachdem sie und ihr Ehemann gezwungen worden waren, am 18. April eine Vermögenserklärung auszufüllen. Johanna Cohn kehrte nicht zurück. Im Gedenkbuch der Bundesregierung liest man hinter ihrem Namen: Verschollen, Todesort unbekannt. Johanna und Hugo Cohn besitzen kein Grab. Sind sie erschossen oder erschlagen worden, sind sie auf dem Transport oder später an den furchtbaren Lebensumständen gestorben? Sind ihre sterblichen Überreste verscharrt oder verbrannt worden? Sind ihre Körper Teil der mit unbekannten Gräbern kontaminierten Landschaften in Osteuropa, beschrieben von Martin Pollack?* Diese Fragen können nicht beantwortet werden. Die einzige sichtbare Erinnerung sind zwei Stolpersteine vor dem Haus, in dem die Familie Cohn viele Jahrzehnte gewohnt hat.

Johanna Cohn besaß einst gemeinsam mit ihrer in Höxter wohnenden Schwester, Sophie Netheim, geb. Katz, zu je einer Hälfte ein Grundstück bei Dössel in der Nähe von Warburg. Das dortige Finanzamt bat am 1. August 1942 unter dem Betreff „Abschiebung der Juden“ das Wolfenbütteler Finanzamt um Mitteilung, ob die in ihrem Bezirk wohnhafte Jüdin abgeschoben ist. Das Wolfenbütteler Finanzamt hatte seinerseits bei der Kreisparkasse Höxter um Auskunft über ein Sparbuch von Frau Cohn gebeten, das ihr offenbar vor der Deportation abgenommen worden war. Die Sparkasse antwortete, das Sparbuch sei auf Jahreskündigung angelegt und das Guthaben sei noch nicht gekündigt: Wir sind bereit, Ihnen das Guthaben mit Zinsen gegen Vorlage des Sparbuches sofort zu überweisen, wenn Sie sich damit einverstanden erklären, für die nicht innegehaltene Kündigungszeit einen Vorschusszins von 13/16 % für 360 Tage = RM 11,74 kürzen zu lassen.

Ob kleine oder große Beträge, die Versuche der Bereicherung an geraubtem Vermögen jüdischer Deutscher war grenzenlos und intensiv. Die Finanzämter des Staates Deutschland nahmen sogar Konfrontationen untereinander in kauf, um die ihnen zustehenden Teile der jüdischen Vermögen einzuziehen, die letztendlich doch im großen Topf des Reiches zusammengeführt wurden. Waren es bürokratisch-rechtliche Grundlagen, die die Finanzämter praktisch um jede Reichsmark kämpfen ließ, oder waren es auch persönliche Eitelkeiten von Beamten, die sich durch möglichst hohe Einnahmen aus jüdischen Vermögen Vorteile für ihre Laufbahnen versprachen – oder beeinflussten verborgene und nun hervortretende Vorurteile über die angeblich zu Unrecht reich gewordenen Juden deren Ausplünderung?

* Pollack, Martin, Kontaminierte Landschaften, St. Pölten 2014.
(Die Gräber sollen unsichtbar werden, in der Landschaft verschwinden, um die namenlosen Opfer für immer aus der Welt zu schaffen: ohne Leiche kein Verbrechen und ohne Verbrechen keine Anklage.)

deportiert: 1942 Ziel unbekannt

Schicksal unbekannt

Familie:
Hugo Cohn
Siegfried Cohn

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