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in Wolfenbüttel

Details


Janina Piotrowska

geboren: 10.10.1925 in Grochow (Polen)

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Neuer Weg 29 (früher Adolf-Hitler-Straße)

Für die am 7. Januar 1944 vom Sondergericht Braunschweig als „Volksschädling" zum Tode verurteilte und am 7. Februar 1944 in Wolfenbüttel hingerichtete Janina Piotrowska ist am 26. März 2013 vor dem Grundstück der ehemaligen Gärtnerei Oppermann Neuer Weg 29 (jetzt Gelände des Supermarktes) in Wolfenbüttel ein „Stolperstein" gelegt worden.

Was hatte Janina verbrochen?

Janina Piotrowska war im Alter von 14 Jahren im April 1940 aus ihrem kleinen Heimatort in Polen als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt worden. Im April 1940 wurde sie als Hausgehilfin bei der Wolfenbütteler Gärtnerei Oppermann untergebracht. In der Landwirtschaft beschäftigte Zwangsarbeiter erhielten am Sonntag Urlaub. Weil sie nach einem Sonntagsausflug zu einer Freundin in Braunschweig wegen schlechten Wetters und wegen der schlechten Verkehrsverbindungen erst am Montagmittag nach Wolfenbüttel zurückgekehrt war, verhängte die Polizei gegen sie eine Geldstrafe von 15,00 Reichsmark. Aus Verärgerung darüber und wegen der Drohung der Frau Oppermann, Janina würde wohl in ein Erziehungslager eingewiesen, zündete das Mädchen in einer Kurzschlusshandlung etwas herunterhängendes Stroh in einer Scheune der Gärtnerei an. Der Dachstuhl brannte aus. Über die Folgen entsetzt, half Janina sofort bei der Rettung des in der Scheune untergebrachten Pferdes und der übrigen Tiere. Dieser Versuch einer Wiedergutmachung des Schadens und ihre mangelnde Klarheit über die Folgen ihrer Handlungsweise schützten sie nicht vor dem Vorwurf, mit ihrer Tat „die Widerstandskraft des deutschen Volkes geschädigt zu haben".

Von der Regelung, wonach Jugendliche der Volksschädlingsverordnung nur in Ausnahmefällen unterlagen, waren Polen ausgenommen. Für sie galt nämlich zusätzlich die rigorose Polenstrafrechtsverordnung mit ihren besonders scharfen Vorschriften. Mit der Wahl der Todesstrafe gingen die Richter des Sondergerichts aber sogar über das Maß dieses rassistischen Unrechtsgesetzes weit hinaus. Wie sehr die Richter sich selbst von rassistischen Vorurteilen leiten ließen, offenbart schon der erste Satz des Urteils: „Die Angeklagte, die zum polnischen Volkstum gehört, ...." Die menschenverachtende Geringschätzung von Polen und anderen Osteuropäern zeigt sich auch am Schluss des Urteils. In ihrer bürokratischen Pedanterie begründen die Richter, warum sie von der gesetzlich sonst vorgeschriebenen Aberkennung der „bürgerlichen Ehrenrechte" absahen: Nach nationalsozialistischer Doktrin hatten Juden und andere „Fremdvölkische" weder eine Ehre noch ein schützenswertes Ehrgefühl. Sie galten als minderwertig, Menschen dritter Klasse.

Text: Dr. Helmut Kramer

Als Zwangsarbeiterin verschleppt 1940

Verurteilt am 7. Januar 1944 als „Volksschädling“

Hingerichtet 7. Februar 1944

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