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in Wolfenbüttel

Details


Renate Rülf, verheiratete Grünberg

geboren: 06.11.1920 in Wolfenbüttel

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Bahnhofstraße 1

Die biografischen Texte zur Familie Rülf - Rudolf, Gertrud, Alfred und Renate - haben Schü-lerinnen und Schüler des Wolfenbütteler Gymnasiums im Schloss mit ihrer Lehrerin Ann-Kathrin Behm erarbeitet und am 19. November 2015 anlässlich der Stolperstein-Verlegung in Anwesenheit von 18 Angehörigen der Familie Rülf aus Israel im Ratsaal des Wolfenbütteler Rathauses vorgetragen.

Renate “Rina” Rülf
Die Brieffreundschaft zwischen Herrn Jürgen Kumlehn und Rina (Renate) Grünberg, geborene Rülf, begann 1995 mit einer von Herrn Kumlehn beauftragten, Suchanzeige nach ehem. jüdischen Wolfenbüttelern in einer israelischen Zeitung. Sie war begeistert von seinem Vorhaben, der Schicksale der jüdischen Familien zu gedenken und diese Erinnerungen niederzuschreiben. Sie schrieb:„Ich finde es gut und wichtig, dass auch nach 50 Jahren noch an die jüdische Gemeinde gedacht wird.“
Ebenso wie wir, war Rina eine Schülerin des Gymnasiums im Schloss und genoss ihre Schulzeit bis zur 7. Klasse. Sie schrieb: „Ich war die einzige Jüdin an der Schule, zumindest die letzten 2 Jahre. Habe nie eine antisemitische Bemerkung oder sonstige Erfahrung erlebt.“ Leider hielt dieses Glück nicht lange, denn in ihrem 13. Lebensjahr verschärfte sich der Antisemitismus, sodass sie sich noch gut an ein prägnantes Erlebnis aus ihrer Jugend erinnerte.
„Am 01.April 1933gingen die SA und SS durch die Straßen, blieben an jedem Haus, wo Juden wohnten, stehen und grölten ihre Antijudenparolen. Ich stand auf dem Wall – gegenüber unserer Wohnung - mit einer Freundin und wir konnten nicht rüber gehen – Beide sagten wir kein Wort.“
In dieser Zeit fühlte sie sich als Jüdin immer unerwünschter, selbst im Haus einiger ihrer nichtjüdischen Freundinnen war sie nicht mehr willkommen. Im Nachhinein empfand sie die Entscheidung ihres Vaters zum frühen Weggang als weitsichtig und richtig.
 
Im Mai 1934 kamen Rudolf und Gertrud Rülf nach Palästina. Rina ging in Celle zur Schule. Schließlich kamen sie am 3.Oktober 1934 über Triest nach Israel. Rina empfand die Einwanderung zunächst als Befreiung. Als 14-jährige war sie glücklich in ihrem Paradies Atlit und ging gerne zur Dorfschule, denn sie war eine ehrgeizige und wissbegierige Schülerin. Allerdings brach sie die Schule ab, denn ihre Hilfe wurde Zuhause gebraucht, aufgrund der schlechten Gesundheit ihrer Mutter.
Rina wurde mit der Zeit immer unglücklicher mit ihrem Leben in Atlit, denn ihr fehlte der Kontakt zu Gleichaltrigen und selbst im hohen Alter bedauerte sie, dass ihre Eltern sie nicht zur Schule nach Haifa geschickt haben. Sie verbrachte viel Zeit mit Lesen in der großen Bibliothek ihrer Mutter.  1936 bestand die 16-jährige Rina schließlich weg zuziehen, was sie als wahres Glück empfand. Rina engagierte sich als Mitglied für den Jugendbund und besuchte den angebotenen Erste Hilfe- und  Funkkurs. Allerdings weigerte sich die Pazifistin stets eine Waffe in die Hand zu nehmen. Im  August 1938 begann sie ihre Ausbildung zur Säuglingsschwester. Ein Vierteljahr später begegnete sie ihren späteren Ehemann Achim Grünberg aus Berlin. Nach Ausbruch des Krieges heirateten beide nach dem Motto „Wer weiß, was morgen sein wird?“ am 10.September 1938.
Über die Zeit nach der Hochzeit berichtete Rina:
„Die folgenden Jahre waren teilweise recht schwer, aber wir waren und blieben glücklich miteinander, das half uns eine Menge leichter zu ertragen.“
Am 19.Oktober 1941 gebar Rina ihren gemeinsamen Sohn Oded, auf denen noch zwei Töchter, Irit und Daniela folgten. Durch die finanzielle Hilfe ihrer Eltern kaufte sich die Familie ein kleines Häuschen in Kiryat Yam.                                                                                    
Rina kehrte zweimal nach Wolfenbüttel zurück, in den Jahren 1966 und 1987. Sie kam ohne Vorurteile, denn in ihren Augen dürften „[..] die Kinder nicht für das Leben und die Taten ihrer Väter verantwortlich gemacht werden.“. Nach einem Gang durch ihre ehemalige Heimat sagte Rina :„ So käme ich als Fremde hier her, so fände ich die Stadt wunderschön.“
Durch eine ehemalige Klassenkameradin Renates zu Schlosszeiten, wurde es ihr möglich einige ihrer Mitschüler zu treffen. „Es wurde viel gelacht, und so manches Märchen aus alten Zeiten kam uns wieder in den Sinn.“ so Rina. Seit dieser Zeit pflegte Rina Brieffreundschaften zu ihren ehemaligen Mitschülerinnen aus Wolfenbüttel.

Renate Grünberg verstarb im Juni 1996 in Kiryat Yam und blieb als starke, selbstbewusste Frau in der Erinnerung ihrer Freunde und ihrer Familie.

geflüchtet: 1934 nach Palästina

Verstarb im Juni 1996 in Israel

Familie:
Rudolf Rülf
Gertrud Rülf, geborene Reis
Alfred Rülf

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