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in Wolfenbüttel

Details


Lieselotte Boas, geb. Reis

geboren: 01.01.1903 in

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Lange Herzogstraße 26

Die Familie Reis gehörte zu den alteingesessenen jüdischen Wolfenbütteler Familien. Lieselotte Reis’ Vater Erich trug bis zum Ende des Ersten Weltkrieges den klingenden Titel „Königlich-Preußischer-Lotterie-Einnehmer“. Nach seinem Tod 1921 übernahm seine Tochter das Geschäft und lebte in dem Geschäftshaus mit ihrer Mutter Clara und ihrem Brüdern Hans Jürgen Reis und Curt Reis. Das Geschäft florierte. Lieselotte Reis konnte sich einen mondänen Lebensstil erlauben. Gerade diese beiden öffentlich erlebbaren Gegebenheiten erschienen den Wolfenbütteler Nationalsozialisten im Sinne ihrer widerlichen Rassentheorie als untragbar. Bereits Mitte August 1933 versuchte die NSDAP, das Lotteriegeschäft zu schließen. Auf Ersuchen der Kreispressestelle der Partei veröffentlichte die Wolfenbütteler Zeitung eine Stellungnahme: Bekanntlich sind Schritte unternommen worden, um der Jüdin Reis die Staatliche Lotterieeinnahme in Wolfenbüttel zu entziehen. Es war klar, daß sich die Jüdin gegen die Entziehung der sicheren staatlichen Einnahmequelle wehren würde, denn nach unseren Feststellungen beträgt das Mindesteinkommen des Jahres aus der Staatlichen Lotterieeinnahme in Wolfenbüttel 13.000 RM; das heißt, der wahre Verdienst liegt noch bedeutend höher. Es ist erklärlich, daß die jetzige Inhaberin sich noch weiter diese Einnahmen, die von deutschen Volksgenossen aufgebracht werden müssen, sichern möchte. Wenn sie nun keinen Weg scheut, um weiterhin das deutsche Volk melken zu können, so ist das verständlich.

Lieselotte Reis musste das Geschäft aufgeben und Wolfenbüttel verlassen. Oskar Wöhler führte es in einem Nachbarhaus weiter. Sie zog nach Berlin. Das Haus kaufte der Fotograf Curt Oberst und eröffnete ein Atelier. In dem Haus befand sich auch die Geschäftsstelle der N.-S.-Gemeinschaft „Kraft durch Freude”. Lieselotte Reis ließ sich in Berlin zur Kosmetikerin ausbilden. Nach dem Erhalt ihres Diploms verließ sie Deutschland 1936 und gründete in São-Paulo ein neues Unternehmen, das sie erfolgreich leitete. Ihr gelang es noch, ihre Mutter nach Brasilien zu holen. Lieselotte Reis traf in São-Paulo ihre frühere Freundin Liselotte Maschke aus Berlin, die oft in Wolfenbüttel bei ihrer Tante die Ferien verlebt hatte. Sie war mit Ernest A. Boas verheiratet. Einige Jahre nach ihrem Tod heiratete Boas Lieselotte Reis. In den 1960er Jahren übersiedelte die Familie in die Schweiz. Beide Eheleute sind im hohen Alter gestorben, ihr Doppelgrab liegt auf dem Jüdischen Friedhof in Wolfenbüttel.

geflüchtet: 1936 nach Brasilien

Geburtstag unbekannt, Geburtsjahr 1903

Überlebt

Familie:
Clara Reis, geborene Eichenberg
Hans-Jürgen Reis

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