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in Wolfenbüttel

Details


Louis Oschitzki

geboren: 02.04.1870 in Gorzno i. Westpreußen (poln. Brodnica)

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Dr. Heinrich-Jasper-Straße 60 (ehemals Stöckheimer Straße 8)

Der Ort Gorzno in dem Louis zur Welt kam und in dem er seine Geschäfte führte, wurde nach dem ersten Weltkrieg polnisch.  Louis verließ deshalb mit seiner Frau Adele (1875-1944) und den Kindern Arthur (1903-1945) und Erika (1908-1941) seinen Geburtsort.  Im Juni 1919 meldete sich die Familie in ihrer neuen Heimatstadt Wolfenbüttel an.  Ein Haus in der Auguststadt, der heutigen Dr. Heinrich-Jasper-Straße 60, wurde ihr neues Domizil. Louis Bruder Moritz Oschitzki (1867-1935), zu dem Louis anscheinend ein herzliches Verhältnis hatte, zog ebenfalls mit ein. Louis kaufte außerdem ein Grundstück in der Nordstraße 1 (heutige Fritz-Fischer-Straße 1).

Zusammen mit seiner Frau eröffnete Louis eine Schuhwarenhandlung in der damaligen Stöckheimer Straße 8 und warb im Wolfenbütteler Kreisblatt mit günstigen Preisen.  Er veranstaltete im Dezember 1919 Verkaufstage, an denen die Schuhe für Damen, Herren und Kinder „billiger“ waren und warb mit einer „Weihnachtsgratifikation“, um sich bekannt zu machen. In der Vorweihnachtszeit offerierte er den Auguststädtern sehr preiswert „Reinen Rauchtabak, Zigaretten und Zigarren mit prima Qualitäten“. In den Jahren 1926/27 ist er auch im Braunschweiger Adressbuch zu finden.  An seine geschäftlichen Erfolge in Gorzno, soll Louis Oschitzki jedoch nicht wieder angeknüpft haben, schrieb Gretel Kleeblatt (1909-2002) in ihren Erinnerungen.

Louis und seine Familie waren Teil der jüdischen Gemeinde und gut bekannt mit der Familie Kirchheimer. Eine enge Freundschaft „wie zwischen nahen Verwandten“ bestand mit der Familie Kleeblatt aus Salder, die dort ein Geschäft für Herrenbekleidung, Wäsche und Stoffe führten.

Aufgrund der Repressalien der Nationalsozialisten, mussten Louis und Adele 1939 ihr Grundstück in der Nordstraße 1 für 3.650 Reichsmark verkaufen.  Im gleichen Jahr wurde für alle Juden eine sogenannte „Sühneabgabe“ gefordert. Das war eine Strafsteuer für ein Attentat, das angeblich von Juden begangen worden war. Louis zahlte diese Sondersteuer von 2650 Reichsmark in insgesamt vier Raten auf ein Sperrkonto.

Die Familie musste ihr Heim verlassen.  Neuer Eigentümer des Hauses in der Stöckheimer Straße 8 war ab dem 14. März 1943 das „Deutsche Reich“. Es ließ sich nicht mehr ermitteln, wieviel Louis für den angeordneten „Verkauf“ erhielt. Die Familie Oschitzki hatte ihr Haus mit mehreren Mietern geteilt, deren Mietverhältnisse weiterbestanden und deren Zahlungen Louis und Adele vorenthalten wurden.

Das ältere Ehepaar war zu dem Zeitpunkt der Übernahme bereits in ein stark baufälliges Fachwerkgebäude, ein sogenanntes „Judenhaus“ zwangsumgesiedelt worden. In der damaligen Amtssprache nannte man diesen Vorgang „evakuiert“. Ab dem 6. Oktober 1941 wohnten sie Lange Straße 34, wohin auch Louis Sohn Arthur mit seiner Frau Margot (1916-1945) eingewiesen wurde.  Am 2. Juli 1942, zogen die Eltern Oschitzki in die Karrenführerstraße 5 und ab 21. August waren sie zurück in der Langen Straße, diesmal in Haus Nr. 10.

 Die ganze Familie hatte Vermögenserklärungen abgegeben und Visa beantragt, um aus Deutschland zu emigrieren, aber dazu kam es nicht mehr.  Louis und seine Frau wurden am 16. 03. 1943 nach Theresienstadt deportiert. Dort wurde Louis Oschitzki am 13. März 1944 ermordet.

Eine Klage der „Jewish Trust Corporation“ im Auftrag der Familie Heching gegen das Deutsche Reich bzw. die Oberfinanzdirektion Hannover, klärte mühsam die Eigentumsverhältnisse von Louis Oschitzki. Darunter fiel beispielsweise auch ein Verkauf seines Hauses im Jahr 1948 an einen Drogisten.  Aktenkundig ist eine einmalig gezahlte Entschädigung an die Mutter von Louis Schwiegertochter Margot Oschitzki geb. Heching.

 Arthur Jacobi, ein Neffe aus San Francisco/USA forschte nach dem Schicksal seines Onkel Louis und seiner Tante Adele.  Er gab 1978 ein Gedenkblatt für die beiden an die Gedenkstätte Yad Vashem weiter.

* Für den Namen Oschitzki finden sich verschiedene Schreibweisen: Oschitzky und Oschitzki.  Die Familie scheint die Schreibweise mit der Endung auf „i“ bevorzugt zu haben. Beispiele dafür sind eine Unterschrift von Arthur Oschitzki beim Standesamt Wolfenbüttel und die Todesanzeige für Moritz Oschitzki.

Online-Link zu "Gretels Album"

Foto: Archiv Jürgen Kumlehn

Literatur:

1. Adressbuch für die Stadt Wolfenbüttel 1933
2. Arolsen:  Inhaftierungsdokument Oschitzki, L., Ghetto Theresienstadt, 1.1.42.2/11422001-228 ITS Digital Archive, Arolsen Archives
3. Braunschweigisches Adressbuch 1926/27, TU Braunschweig, digitalisiert.
4. Klockhaus Kaufmännisches Gewerbe- und Adressbuch 1929-1930 (google books)
5. Kulturstadt Wolfenbüttel e.V. „Jüdischer Rundgang“
6. Kumlehn, J., „Jüdische Familien in Wolfenbüttel“. Appelhans Verlag Braunschweig 2009
7. Niedersächsisches Landesarchiv
NLA WO 131 N Zg. 39/1960 Nr. 150
NLA WO 58 Nds Fb. 3, Zg. 2009/037 Nr. 1023/25/27/29/31/49
NLA WO 58 Nds Fb. 3, Zg. 62/1985 Teil 2 Nr. 23/005/064
NLA WO 26 Nds, Nr. 724, Nr. 1475, Nr. 1475/a
NLA WO, 34 N, Fb. 9 Nr. 4458
8. Rueb Romero, D.; Vögel, Bernhild; „Gretels Alben“, www.birdstage.net
9. Stadt Wolfenbüttel. Melderegister Wolfenbüttel, Seite 2475
10.  www.statistik-des-holocaust.de
11. Theresienstädter Gedenkbuch
12. Yad Vashem, Zentrale Datenbank der Holocaust Opfer; Gedenkblatt für Louis und Adele Oschitzki geb. Jacobi

 

deportiert: 16. März 1943

Ermordet

Familie:
Adele Oschitzki, geb. Jacobi
Arthur Oschitzki
Erika Selinger, geb. Oschitzki
Margot Oschitzki, geb. Heching
Moritz Selinger
Moritz Oschitzki

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