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in Wolfenbüttel

Details


Leo Rhée

geboren: 22.12.1883 in Groß Düngen/Marienburg

Wohnadresse in Wolfenbüttel: Kommißstraße 4

Bankdirektor Leo Rhée soll ein „getaufter Jude” gewesen sein. Alfred Rülf berichtet über ihn: Ich erinnere mich, als meine Eltern etwa 1931 von einem jüdischen Begräbnis einer prominenten Persönlichkeit zurückkamen. Bei der Beerdigung hatten die Juden, wie es bei uns Brauch ist, ihre Zylinder aufbehalten während die anwesenden Christen ihn respektvoll abgenommen hatten. Herr Rhée überwand das Problem, indem er seinen Zylinder etwa 20 cm über seinen Kopf hielt. Da er 100% Nichtarierer war, wird ihm diese Gesinnungsakrobatik wohl ebenso wenig genutzt haben wie zig tausend anderen getauften Juden in Deutschland. Auschwitz und Treblinka ist voll von Asche getaufter Juden.
Leo Rhée war seit Oktober 1902 Angestellter der Deutschen Bank, ab 1921 Leiter der Filiale in Wolfenbüttel. Die Familie gehört zu den weniger bekannten. Fragt man ältere Wolfenbütteler nach jüdischen Familien, erinnern sie sich sofort an Familie Schloss, an die Ilbergs oder an die Pohlys. Die Familie Rhée ist unbekannt. Rhées wohnten über den Bankräumen in einer großen Wohnung im ersten Stock, über ihnen lag die Wohnung des Bankboten Gustav Bosse. Beide Familien waren freundschaftlich miteinander verbunden. Gerhard Bosse, Sohn des Bankboten, erzählte mir über die Familie. Rhées waren vornehme und zurückhaltende Leute. Sie führten einen „herrschaftlichen” Haushalt mit Personal und waren nicht unvermögend. Ihre zwei Kinder hießen Eva und Hans. Wir haben alle im gleichen Kinderwagen gelegen, erst Hans, dann Eva und danach ich. Wir waren eng miteinander befreundet. Ich war oft in der Wohnung Rhée und durfte dort spielen, als gehörte ich zur Familie.  Als ich im ersten Schuljahr war, kam ich etwas früher nach Hause. Weil meine Mutter nicht da war, rief mich Frau Rhée in ihre Wohnung. Ich durfte im Kinderzimmer spielen. Dort stand eine Tafel. Ich habe die dann, weil wir das in der Schule gerade gelernt hatten, mit Hakenkreuzen bemalt.  Frau Rhée habe sich sehr darüber amüsiert und ihm die Tafel später geschenkt. Bosse erinnerte sich an das Butterhaus Schönemann in der Langen Herzogstraße. Littauer Käse hätten Rhées gern gegessen, besonders aber den, den der Ladeninhaber mit kleinen Hakenkreuzen verzierte. Frau Rhée habe immer nur diesen verzierten Käse gewünscht.  
Leo Rhée beendete seine Tätigkeit in der Deutschen Bank im März 1934. Die Familie zog nach Hannover und kaufte in der Siegesstraße eine Villa. Bosses haben Rhées dort oft besucht, und ich habe dort auch mal meine Ferien verbracht. Hätte das mein Lehrer gewußt, wäre ich verprügelt worden. Die Nacht des Pogroms haben Rhées ohne große Probleme verbracht. Herr Rhée hatte sich einen Tag und eine Nacht lang in der Eilenriede versteckt, um nicht abgeholt zu werden.
Ende 1938 sind Rhées mit Eva auch nach Brasilien geflüchtet, konnten etwas Hausrat mitnehmen, aber nur einen Bruchteil ihres Vermögens.

 

geflüchtet: 1938 nach Brasilien

Gestorben 8. März 1954 in Brasilien

Familie:
Rosalie Hodenberg, geborene Schönfeld
Grete Rhée, geborene Hodenberg
Hans Rhée
Eva Rhée

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